Sind von der vollständigen Digitalisierung der Arzneimitteltherapie am Weimarer Klinikum überzeugt: Chefapotheker Dr. Dirk Keiner, Pflegedirektorin Diana Fiedler und der stellvertretende Ärztliche Direktor und Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Dr. Christof Lascho (von links). Foto: Thomas Müller
„Welche Medikamente nehmen Sie ein?“ – Diese Frage musste wohl schon jeder einmal beantworten, der sich zur Behandlung in ein Krankenhaus begeben hat. Bisher war es üblich, die jeweiligen Arzneimittel händisch in eine Papierkurve einzutragen. Im Sophien- und Hufeland-Klinikum gehört dieses analoge Vorgehen jetzt der Vergangenheit an. Seit wenigen Wochen läuft der gesamte Prozess von der Verordnung eines Medikaments bis zur Aushändigung an den Patienten in automatisch verpackten Tütchen vollständig digital ab. Das Weimarer Klinikum ist damit deutschlandweit eines von wenigen Krankenhäusern, in denen die Arzneimitteltherapie vollständig in allen Fachbereichen unter digitale Kontrolle gebracht wurde. „Wir erreichen damit eine neue Qualität der Patientensicherheit und der Effektivität, denn durch die vollständige Automatisierung des gesamten Prozesses der Arzneimitteltherapie werden viele mögliche Fehlerquellen beseitigt“, erklärt der Ärztliche Direktor PD Dr. Olaf Bach. Das Klinikum Weimar ist erst das dritte Krankenhaus in Deutschland, das die Systeme der Hersteller Dedalus und Baxter mit einer einhundertprozentigen Integration einsetzt.
Dem Klinikpersonal ist damit ein großer Kraftakt gelungen, denn von der Geburtshilfe bis zur Intensivstation wurden alle 23 Stationen und die psychiatrischen Tageskliniken sowie die Notaufnahme des Hauses an das neue System angebunden. Innerhalb von vier Monaten mussten viele Vorarbeiten, Abstimmungen und Schulungen von Mitarbeitenden der Pflege, des ärztlichen Dienstes, der IT und der Apotheke erfolgen. Nach der erfolgreichen Testphase zeigt sich Chefapotheker Dr. rer. nat. Dirk Keiner sehr zufrieden: „Der Wegfall der Papierdokumentation für die Medikation war sicherlich nicht für jeden so vorstellbar, aber es hat sich gezeigt, dass wir mit unserer Entscheidung für dieses zukunftsweisende System auf einem sehr guten Weg sind.“
Das neue System bietet für die Patienten einen weiteren Vorteil: Sie bekommen bei Entlassung neuerdings auch den bundeseinheitlichen Medikationsplan ausgehändigt. Neben der Auflistung der Medikamente enthält dieser einen QR-Code, der das Einlesen der Medikation in jeder Praxis oder anderen Gesundheitseinrichtung erlaubt. Alle angegebenen Arzneimittel werden dann mit Hilfe spezieller Programme unter anderem auf Wechselwirkungen und hinsichtlich Dosierungen geprüft. Die Medikamente können vom ärztlichen Personal bei Bedarf digital angepasst werden – etwa vor Operationen oder bei der medikamentösen Planung nach einem Eingriff. „So sind für jeden Behandler und Apotheker die Entscheidungen und Verordnungen nachvollziehbar und Abstimmungen werden erleichtert“, erklärt Dr. Keiner. In diesem Zusammenhang betont der Experte für Arzneimitteltherapiesicherheit, dass es für die sichere Medikamentenüberprüfung wichtig ist, bei der Aufnahme nicht nur die ärztlich verordneten Medikamente, sondern auch die Präparate anzugeben, die sich die Patienten „selbst verordnet“ haben, wie beispielsweise Weißdorndragees.
Auch Klinik-Geschäftsführer Tomas Kallenbach ist von der Neuerung überzeugt: „Mit der vollständigen Digitalisierung der Arzneimitteltherapie haben wir uns für 2023 ein wichtiges gemeinsames Ziel gesetzt. Durch das große Engagement unserer Mitarbeitenden aus allen Fachbereichen war es möglich, dieses umfassende Projekt innerhalb von nur vier Monaten zu realisieren. Ich freue mich sehr über die Offenheit und Motivation unserer Mitarbeitenden für zukunftsweisende Projekte – dies ist für mich ein sehr positives Signal, dass wir auch weitere Digitalisierungsprozesse erfolgreich meistern werden.“ Bereits seit 1998 gibt es am Weimarer Klinikum ein besonderes System: die sogenannte patientenindividuelle Arzneimittel-Verblisterung über den Unit-Dose-Automaten. Das Unit Dose System ist im Prinzip ein Roboter, der die Medikamente individuell für jeden Patienten und jeden Einnahmezeitpunkt die Medikamente zusammengestellt, verpackt und etikettiert. „Diese individuell verpackten `Tütchen´ sind für die Pflegekräfte eine große Erleichterung im Alltag. Zudem wird durch die automatisierte Vorgehensweise Fehlern bei der Ausgabe von Medikamenten vorgebeugt“, betont Pflegedirektorin Diana Fiedler. Der nun seit einem Jahr installierte Baxter-Automat der neuesten Generation wurde an die digitale Pateintenakte angeschlossen. Die Apotheke produziert pro Tag rund 3.000 Tütchen im Multi-Dose System –also mehrere Arzneimittel pro Tüte. Im Vergleich zu Single-Dose mit lediglich einem Arzneimittel pro Tüte entsteht so weniger Müll für die Umwelt.